Gernot und ich machen uns auf den Weg. Wir wollen die Veitsch für die Skitouren-Saison erkunden, wenngleich der Winter noch weit weg scheint.
Es ist November und die Tage sind kurz, sodass wir schon um sieben in Brunn losfahren. In der Früh ist es noch kalt, aber dann ist Gernot doch im T-Shirt am Plateau unterwegs. Unvorstellbar, dass hier hoffentlich bald ausreichend Schnee liegen soll.
Wir steigen von Niederalpl durch die Rodel auf. Die Unterbrecherstelle wird vom markierten Weg im Aufstieg rechts umgangen, aber wir wollen ja wie am 15.1. aufsteigen. Zuerst kommt die Stelle, an der ich meinen Ski wieder nach über 100 Tagen gefunden habe und dann die Stelle, an der das Schneebrett abging.
So gerne ich schreiben würde, dass mich irgendein besonderes Gefühl überkommt, aber da ist nichts. Die Stelle unterscheidet sich nicht sonderlich von anderen Stellen in den Bergen. Gut, es ist mit 38° Hangneigung recht steil, aber das ist es oft. Beeindruckend ist, wie lange meine Fahrt war und wie viel Schnee damit gegangen sein muss: 1.000 qm mal 30 cm Schneehöhe sind 300 Kubikmeter Schnee. Bei einem spezifischen Gewicht von 0,25 ergibt das 75 Tonnen Schnee – alles recht defensiv geschätzt. Da ist mir natürlich bewusst, wie viel Glück ich hatte, aber kein unangenehmes Gefühl überkommt mich. Wahrscheinlich liegt es daran, dass mein Kopf immer über dem Schnee war. Zu Skitouren werde ich nur noch selten alleine aufbrechen. Ich hoffe, Gernot hält durch!
Falls wir wieder einmal mit Skiern die Rodel gehen, werden wir den Kessel meiden und direkt zur Gingatz-Wiese aufsteigen. Dies natürlich abhängig vom jeweiligen Bericht des Lawinenwarndiensts.
Heute entscheiden wir, die Hohe Veitsch auch mitzunehmen. Ein großes Gämsenrudel begeistert uns. Am Gipfel sehen wir ein paar Menschen, aber die Gämsen sind in der Überzahl.
Es geht zurück zur Gingatzwiese und von dort in lustig, luftiger und sehr leichter Kletterei auf den Großen Wildkamm. Eifrig studieren wir, wo wir im Winter abfahren könnten, wenngleich wir am entscheidendsten Punkt, nämlich am Großen Wildkamm, darauf vergessen, eine eingezeichnete Route zu prüfen.
Der Übergang zum Kleinen Wildkamm ist recht mühsam. Im November trocknet nichts ab. Der Weg zwischen den Latschen ist rutschig und ein bisserl mühsam. Aber das wird weiter unten noch schlimmer. Auch ein beeindruckender Windbruch verlegt uns den Weg. Wir sind froh, dass wir die Runde im Uhrzeigersinn gegangen sind. Andernfalls wären unsere Disziplin und Motivation vermutlich sehr auf die Probe gestellt worden.
Aber wie sooft in den Bergen, geht auch das vorbei und schon beim Teichwirt Urani ist bei Hirsch und Lachsforelle die Mühsal des Abstiegs wieder vergessen.
Zusammengefasst war die Tour bis auf die Hohe Veitsch und den Großen Wildkamm eine feine Sache. Der Rest war ab dem Großen Wildkamm eher entbehrlich.