Ulli ist krank, Gernot muss am Freitag wieder in Wien sein und das Wetter stabilisiert sich langsam. Also, was tun, wenn man einen 3000er machen will? Gernot und ich setzen uns am Mittwoch ins Auto und fahren ins Zillertal.
Im Zillertal staut es, auch wenn keine (Ski-)Touristenmassen einfallen. Der Verkehrsplaner könnte sich da außerhalb des Tales mal umschauen, wie ähnliche Probleme dort gelöst werden 😉
Ebenso absonderlich ist es auf der Mautstraße zum Schlegeisspeicher. Die Straße und die Tunnel sind nur einspurig befahrbar. In engen Serpentinen schlängelt man sich zum Stausee rauf. All das ist mit einer Ampel geregelt. So weit, so gut. Die Straße ist ab 18 Uhr gesperrt. Das wundert uns, spart uns aber die Mautgebühr. Denn es gibt einen Knopf, der die Ampel nach sieben Minuten Warten auf Grün schaltet. Das ist so seltsam, dass zwei studierten Informatikern die Erkenntnis verwehrt bleibt, was sich der Mensch bei dieser Konfiguration überlegt hat. (Hinweis: Im Tagesbetrieb wechselt die Ampel alle 15 Minuten. Hat der „Programmierer“ einfach den statistischen Erwartungswert für die durchschnittliche Wartedauer sinnloserweise gewählt?)
Wir übernachten auf der Dominikushütte, wo uns Heiko, der Hüttenwirt mit Frankfurter Wurzeln und einigen Jahren Aufenthalt in Amsterdam erwartet. Was er zu den Bergen zu berichten hat, versucht er, seinen Gästen mit Tiroler Authentizität zu vermitteln. Die Aussagen halten einem Faktencheck aber nicht stand. Wir lernen: „Wirte, vor allem solche, deren Hütten an Ausflugsstraßen liegen bzw. ausreichend leicht erreicht werden können, reden tendenziell einen Schmarr’n daher!“.
Zumindest angesichts meiner Größe entscheidet er sehr zuvorkommend, wie er überhaupt überaus herzlich und freundlich ist. Ein zeitgleich mit uns ankommendes Pärchen bekommt kurzerhand das für uns vorgesehene Zimmer mit dem Stockbett und wir die „Suite“. Das ist auch nur ein Zimmer, aber immerhin mit einem Doppelstockbett! Wir werden ermahnt, nur eine Etage zu verwenden. Egal, ich sehe das erste Mal in meinem Leben ein Doppelstockbett außerhalb eines Matratzenlagers. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn das Doppelstockbett zum doppelbettlichen Einsatz kommt 😉
Um sieben frühstücken wir und brechen kurz vor acht auf. Landschaftlich toll mit schönem Blick auf die Bergwelt und den Stausee geht es wenig steil auf das Friesenberghaus. Nach einer kurzen Rast steigen wir weiter Richtung Hoher Riffler. Es wird steiler und die dünnere Luft macht sich bemerkbar. Nach der Abzweigung zum Petersköpfel geht bald das Blockwerk los. Der Hohe Riffler ist ein riesiger Haufen wild übereinander gestapelter Granitblöcke. Die Flanken sind steil, aber im Winter mit den Skiern vermutlich noch befahrbar. Aber bergauf ist diese Kraxelei dann doch anstrengend. Immer wieder sieht man zum Skigebiet, wo der Klimawandel nur noch wenig befahrbare Fläche für die Unermüdlichen übrig gelassen hat.
Nach zwei Stunden Anstieg sind wir dann am Gipfel. Es ist windstill, das Wetter perfekt. Erstmals können wir unter gemütlichen Bedingungen eine Jause genießen. Ich habe mit Kantwurst, Käse und Roggenweckerl vorgesorgt. Wir bleiben lang hier heroben und teilen uns den Gipfel nur mit einem weiteren Bergsteiger, der aber auch bald wieder absteigt.
Der Abstieg ist dann unkomplizierter als vermutet. Aber lange ist er halt. Uns kommt ein Bergläufer entgegen, der uns kurz danach wieder im Abstieg überholt. Auf der Hütte werden wir ihn wieder sehen. Es ist der Aushilfskellner am Friesberghaus, der seine Pause genützt hat, um den Hohen Riffler in einer 1 Stunde 15 zu besteigen. Gut, er hat Trailschuhe! Dass wir vier Stunden für dieselbe Strecke gebraucht haben, verschweigen wir mal. Also, nicht ganz dieselbe Strecke, wir haben das Petersköpfel mit seinen hunderten Steinmännchen und -skulpturen noch im Abstieg mitgenommen. Gernot war gar nicht so leicht zu überreden, dass er da auch noch rauf soll, ist letztlich dann aber doch mit.
Wieder beim Friedberghaus ist es dann schon Nachmittag und wir gönnen uns eine Jause. Es ist so ein edler Tag und wir wollen gar nicht recht weiter. Somit sind wir auch erst kurz vor sechs wieder beim Auto. Na ja, und das ist auch der einzige Haken an der edlen Tour: die fünf Stunden nach Hause ziehen sich extrem. Da hilft es auch nichts, dass wir in einem rollenden Wohnzimmer sitzen. Fürs nächste Mal muss uns da etwas einfallen!
Alles in allem lange, schöne Tour bei edlem Bergwetter! Gerne wieder! Wenn die Berge nur nicht so weit im Westen wären!