Und plötzlich stehe ich mit dem Hund am Predigtstuhl (1.902m). Aber der Reihe nach! Sabine hat eine neues Handy, und das will ausprobiert sein. Ein Makro hat schon wunderbar funktioniert, jetzt geht es um Weite. Sonnig sollte es sein, oberhalb des Nebels wäre fein. Die Wetter-App sagt, dass die Nebelgrenze bei 1.100 bis 1.200m liegt. Die Hohe Wand ist damit nicht sicher. Also, entscheide ich schnell fürs Preiner Gscheid. Falls notwendig, steigen wir zur Waxriegelhütte auf. Schnell muss es sein, weil Wolken aus Südost erwartet sind, die sich sicher an Rax und Schneeberg stauen.
Beene wird der letzte Schluck Kaffee noch geduldet, aber dann müssen wir los. Mio ist jederzeit bereit und ich kann auch nach ein paar Vorbereitungen starten.
Tatsächlich sind wir bei Sonnenschein am Preiner Gscheid. Es ist nicht wolkenlos, aber die Sonne lacht. Passt doch und so brechen wir am erstaunlich mäßig gefüllten Parkplatz auf. Beene ist mit Rucksack und tadelloser Bergausrüstung am Start. Ich denke mir dabei nichts, will ich ihr doch nicht dreinreden, wie sie sich zum Spaziergang zu adjustieren hat. Ich starte jedenfalls mit Leckerli-Tasche, aber ohne Rucksack und in Turnschuhen.
Der Aufstieg zur Waxriegelhütte ist ebenso schön wie technisch unspektakulär. Natürlich gehen wir nicht die Schipiste, sondern direkt durch den Wald. Bei der Hütte angekommen, freue ich mich schon auf den traditionellen Schweinsbraten sowie Kuchen & Kaffee danach. „Na geh, jetzt bin ich g’rad aufg’wärmt. Ich bin schon davon ausgegangen, dass ma a bisserl weitergehen.“. Ah so! Na dann, die nächste Etappe ist der Entenhügel, ein Aussichtsfelsen knapp oberhalb der Hütte. Der wird kühn bestiegen, Mio muss am Fuße des Felsens warten.
Aber der Entenhügel reicht nicht. Beene hat Lust auf mehr. Da bietet sich der Waxriegelsteig an. Das nenne ich Tourenplanung on demand! Mio tut sich mit seinem Vier-Pfoten-Profil leicht. Mir hilft die Erfahrung. Beene steigt tapfer, aber es ist ersichtlich, dass der Waxriegelsteig nicht die Bedingungen eines genussvollen Abstiegs erfüllt. Hmm? Da kommt auch schon die Frage, wie lange wir zum Karl-Ludwig-Haus brauchen. Eine Stunde schätze ich und blicke etwas besorgt auf die sich verdunkelnde Wolkendecke. Ohne Regenausrüstung könnte es frisch werden, von Haube und Handschuhen ganz zu schweigen. Mio ist an der Leine und wundert sich auch ein bisserl.
Im Spaziergänger-Outfit erreichen wir sehr zum Gaudium Mios Schneefelder. Für Mio ist es der erste Schnee überhaupt. Jö, das ist eine lustige Substanz. Man kann sie fressen, darin buddeln, darauf herumfetzen und wenn man ganz tief gräbt, ist man auch wieder am selben Planeten.
Also gut, dann können wir auch auf den Predigtstuhl steigen. Und so kommt es, dass ich mit einer Hand in der Hosentasche und dem Hund an der Leine in der anderen Hand am Predigtstuhl stehe. In meinem Auftreten wäre ich ein Fall für den nächsten Bericht der Bergrettung – keine Ausrüstung, keine Planung, keine Stirnlampe, aber dafür Unterkühlung und ein Hund. So weit kommt es aber nicht, ich kenne mich aus. Wir gehen zum Karl-Ludwig-Haus weiter. Ein Pächter aus den Niederlanden hat den alten Grantscherben abgelöst. Die Hütte ist wohl organisiert und das Essen gut. Das Personal ist so gewissenhaft, dass es sogar ein Ladegerät bringt, um das entladene Handy wieder fit für den 2G-Check zu machen. Ob uns die Flachländler sonst in den Nebel gejagt hätten?
Nach Suppe, Kuchen und Kaffee geht es weiter. In der Hütte sind wir fast die letzten, die aufbrechen. Die Regel „Von drinnen sieht das Wetter immer schlechter aus!“ behält recht. Nein, Regen sollte da keiner kommen. Wir können uns unbesorgt an den Abstieg machen. Beene überholt nun auch im Abstieg erstmals andere Wanderer. Na bitte, das wird doch. Beim Auto endet der zur Bergtour mutierte Fotospaziergang. Passt!