Gernot und ich sind wieder unterwegs. Gernot will Cardio, ich ein bisserl Kraxeln. So entscheiden wir uns fürs Wilde Gamseck und haben einen super tollen Tag!
Der Wetterbericht verkündet am Vorabend plötzlich nur noch ein bis zwei Stunden Sonne – na geh! Dann wird es halt eine Wanderung ohne Sonne. Schade, da hat sich das schöne Wetter wohl um einen Tag verzögert.
In der Früh ist es dann doch anders. Jetzt sind wieder acht Stunden prognostiziert. Da macht der Start in Hinternasswald gleich mehr Spaß. Lediglich ein anderes Auto parkt sich ein. Ein Wanderer mit Hund macht sich fertig. Er wird der einzige Mensch bleiben, den wir auf der Tour sehen werden.
Durch den Nebel geht es hinauf zum Sattel zwischen Grabnergupf und Gamseck. Da pfeift der Wind und schnell wird es kalt. Mit Handschuhen und Haube geht es zum Einstieg. Hier ist es schon richtig kalt. Gernot will es ohne Seil probieren. Das funktioniert auch gut. Aber es wird immer kälter. Am Fels kleben Eis und Anraum. Zum Glück noch so wenig, dass die Schuhe gut halten, aber die Finger frieren. Mir ist schon so kalt, dass ich mir auch an den schwierigeren Stellen denke: „Da muss er durch! Ich schau‘ lieber, dass ich weiterkomme.“. Und Gernot kommt durch. Tapfer steigt er ungesichert. Was für ein Fortschritt!
Beim Steigbuch scheint die Sonne, der Wind ist weg. Was für ein Genuss! Ich gönne mir Sabines Bohnensalat. Wir sind sicher, es geschafft zu haben. Die Kletterausrüstung haben wir also umsonst mitgeschleppt.
Nach ausgiebiger Jause wollen wir die verbleibenden Meter klettern. Unmittelbar nach der Rast wechselt der Steig auf die dem Wetter ausgesetzte Westseite. Der Fels ist mit Anraum überzogen. Okay, ist ja nur noch kurz. Geht gut. Aber dann müssen wir für fünf Meter abklettern. Wir sitzen am Grat und schauen hinunter. Hmm, da ist Eis – definitiv. Schon nach 5 Metern wären wir wieder auf der Sonnenseite, aber unter diesen fünf Meter geht es ungebremst weit hinunter. Da unten wollen wir auch nicht mit dem Seil im Rucksack liegen. Also, seilen wir an. Es pfeift und es ist wieder grausam kalt. Wir seilen bzw. klettern ab. Der Fels war trotz Eisschicht erstaunlich griffig. Trotzdem sind wir froh, dass kurze „Strickl“ mitgehabt zu haben.
Der Ausstieg ist in der Sonne. Der Wind sorgt weiter für Erfrischung, aber man hält es aus. Dafür hat der Anraum eine surreale Landschaft gezaubert. Wir können uns gar nicht sattsehen. Mehr dazu auf den Fotos.
Bei der Grasbodenalm rasten wir. Die Sonne scheint aufs Bankerl vor der Hütte. Kein Mensch ist weit und breit zu sehen. Ein Gämse hat sich anscheinend verirrt und steht ohne Furcht herum. Wir genießen die Novembersonne, die allerdings auch die Eigenschaft hat, bald wieder unterzugehen.
Wir steigen über den Bärenlochsteig ab und sind überrascht, wie landschaftlich toll er ist. Auch die Kraxelei macht Spaß. Weiter geht es über die Wildfährte, die im Abstieg ordentlich steil ist.
Am Parkplatz wartet Gernots Auto ganz alleine. Covid-19 hat die Gastronomie geschlossen. So versorgen wir uns beim Spar. Komische Zeiten.
Zwei Tage später verschüttet ein Felssturz die Zufahrt nach Hinternasswald. Uff, da haben wir Glück gehabt. Denn sonst stünde Gernots Auto weiter alleine – ganz alleine – in Quarantäne.