Jetzt kenne ich in der Umgebung wirklich schon bald alles auswendig! Ich studiere die Karten, aber die feinen Sachen sind alle zu weit weg. Und da die Hotels weiterhin geschlossen bleiben müssen, sollte es eine Eintagestour sein. Also, wieder einmal Hochschwab – auch nicht schlecht!
Beim Bodenbauer herrscht rege Betriebsamkeit – oh ha! Nur das junge, neue Pächterpaar darf nicht aufsperren. Voriges Jahr hatten sich Gernot und ich noch mit der jungen Pächterin unterhalten, die hierher gezogen ist. Dass es so gar kein Internet gäbe, sei hart, aber man gewöhnt sich daran. Na ja, und jetzt darf sie nicht einmal ihre Torten verkaufen. Mir blutet das Herz.
Ich starte und drehe wieder um, weil ich das Handy vergessen habe. Kommt immer wieder vor, aber immer früher erkenne ich das Fehlen. Wird langsam. Im Rucksack habe ich Steigeisen, Stöcke und ausreichend Kleidung und Getränke. Das Schiestlhaus ist geschlossen. Es erinnert so gar nicht an ein chinesisches Hochhaus oder an den Flughafen in Frankfurt. Aber da momentan alles in Hysterie dicht gemacht wird, habe ich sogar ein Speckbrot mit. Schade, denn am Schiestlhaus isst man wirklich gut!
Kurz nach viertelzehn starte ich mit Handy und voller Energie. Den späten Start kann ich mir leisten, weil eine Tageserwärmung die Schneefelder eher angenehmer macht. Der Wetterbericht verspricht Sonne von Auf- bis Untergang!
Ich bin schnell unterwegs. Im Trawiestal liegt ganz wenig Schnee. Das war letztes Jahr im Juni noch anders. Aber dafür beginnt der Schnee unterhalb des G’hackten. Ich denke, der Aufstieg wäre ohne Steigeisen durchaus machbar gewesen. Trotzdem lege ich sie an. Das geht schnell und ist angenehmer zu gehen. Der Steig liegt zum Teil noch tief unter Schnee. Die Steigeisen sind im G’hackten noch immer nicht Pflicht, aber doch willkommen.
Am Plateau pfeift es anständig. Es ist kalt und hat unter Null Grad. Müde bin ich auch schon und so wackle ich auf den Hochschwabgipfel. Schon ein paar Mal bin ich etwas apathisch am Gipfel angekommen. Hmm, seltsam! Nach ein paar Fotos steige ich Richtung Schiestlhaus ab. Nun wird es einsam. Keine Spur zu sehen. Macht nichts, ich kenne ja den Weg. Aber der vereiste Schnee lässt kein schnelles Absteigen zu. Erst Richtung Rotgangkogel lässt der Wind nach und ich mache meine Pause mit Speckbrot und ordentlich süßem Holundersaft.
Hier meine ich, völlig alleine zu sein, aber nach der Pause kommen mir zwei andere Bergsteiger entgegen, die ich im Aufstieg überholt habe und die auch das G’hackte gehen wollten. Einer war wohl ein bisserl sauer, dass sie von einem Mödlinger überholt wurden und wollte mich mit der Frage nervös machen, ob ich Eisen dabei hätte. Na ja, offensichtlich haben sie dann anders entschieden und sind den Trawiessattel gegangen.
Also, runter in die Obere Dullwitz, was bei dem firnigen Restschnee Spaß macht und wieder auf der anderen Seite rauf auf den Trawiessattel. Da fallen mir seltsame Spuren im Schnee auf: immer ein Fußabdruck ohne und ein Fußabdruck mit Steigeisen. An einer Stelle löst sich das Rätsel oder zumindest habe ich eine Vermutung: offensichtlich hatte nur einer von beiden „Eisen“ mit. Da erschien das G’hackte als zu gewagt und so haben sie sich am Trawiessattel die Eisen geteilt. Das habe ich auch noch nie gesehen. Aber soll sein.
Schon vor dem Vogauer Kreuz stellt sich Müdigkeit ein. Runterlaufen schaffe ich heute nicht mehr. Die Beine leisten ihren Dienst, aber fordern lässt sich da nichts mehr. Unten im Ebenen gehe ich schon mit zugekniffenen Augen. Der Schweiß brennt wie verrückt in den Augen und müde bin ich, dass ich im Gehen einschlafen könnte.
Nach ziemlich genau sechs Stunden bin ich wieder beim Auto. Langsam stellt sich wieder ein geordneter Zustand ein. Fein war’s!