Der Frühling verdrängt den Winter, der nie richtig da war. Wir planen den Hochschwab, aber der Wirt vom Bodenbauer rät ab. Für weitere Ausflüge hat der Corona-Virus das Land in ein Durcheinander gestürzt, auch passt der Wetterbericht nicht so recht. Also, warum nicht mal wieder etwas überaus Vertrautes, den Schneeberg.
Je mehr ich über den Corona-Virus lese und je mehr ich davon beim Hofer direkt mitbekomme, umso stärkere Symptome eines grippalen Infekts entwickle ich. Trotzdem machen wir uns auf den Weg. Gernot ist heldenhaft, sperrt sich sogar mit mir in ein Auto. Das Kopfweh kann ja auch vom warmen Wetter kommen – 15° schon auf der Hinfahrt!
Wenig Schnee erwartet uns, dafür hohe Temperaturen. Ein Skitourengeher kommt uns unterhalb der Breiten Ries entgegen. Er trägt seine Skier vom Berg runter, bis zur Hälfte war ein Fahren möglich. Aber selbst dabei war ihm mulmig, weil der Schnee faul und teils völlig durchnässt war. Da verpassen wir definitiv nichts.
Der Nandlgrat ist wie immer landschaftlich toll. Vergleichsweise weit unten legen wir die Steigeisen an. Dort, wo der Steig in die Nordseite quert, hat sich eine überaus rutschige, nasse Eisplatte breitgemacht. Da sind die Eisen eine feine Sache. Dort, wo kein Schnee liegt, freut sich der Boden über die beiden Vertikutierer – übrigens die einzigen an diesem Tag am Grat.
Mit der Höhe wird der Schnee auch mehr und bietet Möglichkeiten für tolle Fotos. Der Ausstieg aus dem Steig ist problemfrei, obschon wir echt froh sind, die Steigeisen zu haben. Ohne Steigeisen hätten wir da echt Mühe gehabt.
Am Plateau pfeift es, aber es ist wahrlich nicht kalt. Der Blick in die Breite Ries lässt noch brauchbare Verhältnisse im oberen Teil vermuten. Aber schon nach dem oberen Drittel wird der Spaß sein Ende haben – so zumindest unsere Einschätzung. Wir schauen noch bei der Fischerhütte vorbei, ehe wir Richtung Fadensteig absteigen.
Kurz erwägen wir das Anlegen der Steigeisen, tun es aber dann glücklicherweise doch nicht. Denn bald kommt uns ein junges Pärchen aus Tirol mit Hund entgegen. Beide haben Turnschuhe an. Sie trägt Jeans, und das der aktuellen Mode entsprechend knöchelfrei. Oha! Ein steiles Schneefeld haben wir noch zu queren. Bergab ist das immer ein bisserl kritischer. Dabei will ich mir nicht vorstellen, wie es der jungen Tirolerin ergangen sein muss. Entweder sind die Tritte tief, dann war es an den Knöcheln kalt. Dort, wo die Tritte nicht eingebrochen sind, mag ich in Turnschuhen nicht auf einem steilen Schneefeld stehen müssen. Ich bin alt geworden, in jungen Jahren wäre ich wahrscheinlich zumindest aus heutiger Sicht, genauso deppert, unterwegs gewesen. „Wieso? Ist doch eh gut gegangen!“. Ein paar hundert Meter unterhalb treffen wir dann noch ein Buben in Begleitung einer erwachsenen Begleitung, beide mit deutschem Akzent. Die Ausrüstung ist ähnlich der der Tiroler. Der Bub hat Begeisterung für die Kraxelei in den Augen. Ich überleg‘ mir mal nicht, wie das wird, wenn der junge Mann in seinen Turnschuhen weiter oben über das Schneefeld will.
Am Almreserlhaus gibt’s Essen. Ich kann mich nicht um alles kümmern.
Es war eine wegen des Schnees doch recht anstrengende Tour in wie immer feiner landschaftlicher Umgebung. So ein Tag abseits der Weltuntergangsstimmung lediglich in Gegenwart von ein, zwei Gamsrudeln, die den Eindruck erwecken, als hätten sie Freude, wenn sie Schneefelder abfahren, hat definitiv was und ist im totalen Einklang mit den empfohlenen Verhaltensmaßnahmen, vor allem „Vermeiden Sie Menschenansammlungen!“.