Scharnock (2.498m)

Nach einem Ruhetag holt uns Gernot ab und wir fahren nach Hintergöriach. Dort haben wir zwei Optionen: entweder wir packen den Hochgolling oder den Scharnock. Vermutlich sind wir für den Hochgolling ebenso zu früh wie fürs Roteck. So stellen sich Renate und ich auf eine Wanderung auf den Scharnock ein. 1.100 Höhenmeter und ein ein bisserl ausgesetzter Abschluss – das wird gemütlich.

Gemütlich kuschelt sich auch eine Kuh an ein Auto am Parkplatz. Kurz habe ich Sorge um Gernots Gefährt. Die anderen Autos sind eingezäunt. Aber einen Zaun haben wir nicht dabei. Mal sehen, ob sich eine Kuh in Mercedes verliebt.

Zurück zum Gemütlichen! Wir wandern in toller Landschaft auf einer Forststraße dahin, durchqueren Weiler mit Hütten, die man mieten kann, um dem einfachen Leben zu frönen und kommen bald über die Baumgrenzen. Im Göriachwinkel schauen wir in die Gollingscharte. Da ist noch viel Schnee, aber die Steigung wahrlich nicht dramatisch. Aber so wie es aussieht, müssten wir einige steile Schneefelder queren, um auf den Hochgolling zu kommen. Rasch ist entschieden, dass wir zur Landawirseehütte und von dort auf den Scharnock gehen.

Bei der Landawirseehütte hören wir einen sympathischen Hüttenwirt, der weiß, wie hoch die Schneeauflage über dem Eis am Hochgolling ist. Nein, die Scharte kann man verkehrt gehen – warum eigentlich? -, aber der Hochgolling geht nur mit Steigeisen. Der Scharnock braucht Grödel bis zur Scharte, ab dann ist es trocken. All das sprudelt kompetent aus dem guten Mann, aber ich habe meine Zweifel. Bestärkt werden diese durch seine Statur, die vermuten lässt, dass er in letzter Zeit weder auf Hochgolling noch Schnarnock war. Wofür sollte ich auf den Scharnock über die wenig steilen und vor allem weichen Schneefelder Grödel brauchen? Egal, wir haben welche mit und den Rest packen wir auch.

So steigen wir zur Scharte unter dem Scharnock auf, ganz ohne Grödel. Nicht einmal die Stöcke wären notwendig. Die Scharte ist erreicht und nach wenigen Metern packen wir die Stöcke weg, die könnten ab hier im Weg sein. Nach ein paar Metern tut sich ein Anblick auf, der zusammenzucken lässt. Schnee und Regen haben den steilen Hang abrutschen lassen. Erdreich und Steine liegen herum. Ein Weg ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Seit dem Ereignis sind wir wahrscheinlich die ersten hier. Zum Glück ist die Erde zäh und trägt. Wenn das beispielsweise trockener und sandiger wäre, müssten wir erneut umkehren. Renate hat ein mulmiges Gefühl, macht aber tapfer mit. Zum Glück sind die Markierungen nicht abgerutscht. Allzu weit kann es auch nicht mehr sind, sind wir doch schon auf fast 2.400m. So steigen wir in gut gebückter Haltung vorsichtig höher und machen uns ein bisserl Gedanken, wie das im Abstieg werden wird. Jeder Schritt gibt uns zumindest immer mehr Zuversicht, dass das alles hier hält.

Der Gipfel ist ausgesprochen schön. Ausblick und Wetter passen auch. Im Gipfelbuch ist der letzte Eintrag vom Oktober 2023. Wir fotografieren, jausnen und genießen, ehe es an den Abstieg geht. Renate hat ein mulmiges Gefühl. Aber wir gehen die Herausforderung an, Schritt für Schritt. Mag ich solche Schrägen schon im Allgemeinen nicht, ist es mit dem gerissenen Meniskus noch einmal unangenehmer, weil so ein Gefühl der Instabilität dabei ist. So nehme ich fleißig die Hände zur Unterstützung. Renate tut es mir gleich. Aber als letzter geht einer aufrecht im Vertrauen auf sein Training am Balance-Board und seine Erfahrung beim Skifahren: man muss nur die Kante ordentlich reindrücken. Mann oh! Der Abstieg geht jedenfalls deutlich besser als vermutet. Nur bei Renate bricht einmal ein Tritt aus. Der Schrei schreckt mich nicht, habe ich mich doch daran schon gewöhnt. So einer kommt ja auch, wenn beispielsweise die Trinkflasche überraschend schnellt aufschnappt. Und der Schrei ist nur kurz. Trotzdem muss nun unser Skifahrer dran. Wie ein Gentleman gräbt er kleine Tritte mit den Schuhspitzen. Der andere Nichtso-Gentleman hat die letzte Querung hinter sich, freut sich, dass alles gutgegangen ist und sieht mit Erleichterung, dass auch die beiden mittlerweile wieder am unbeschädigten Weg sind.

Der Abstieg über die Schneefelder ist schön und ohne Zwischenfälle. Ich probiere es noch mit Eisbaden im Landawirsee, immerhin auf 2.000m. Das geht gut und kommt mir nicht mal soo kalt vor. Soll ja für die Gelenke gut sein und ewig jung halten. Schauen ma a mal!

Wieder bei der Hütte berichten wir von der Rückseite des Scharnock. Der Hüttenwirt schaut sich die Fotos an, lacht und meint, dass er das den Wegewarten melden muss. Und weg ist er. Er kommt mit drei Zirbenbränden zurück – gegen den Schock – und hüpft wie ein Flummi die Stiegen der Terrasse zu seinem Jeep hinunter. Wow, macht sich der jetzt an die Reparatur des Weges? Nicht ganz, oder muss er erst Werkzeug aus dem Tal holen?

Nach ausreichendem Essen mit einem Kaiserschmarren, der vielleicht zu viel Vorschusslorbeeren hatte, geht es die Forststraße wieder zum Auto. Die Kühe haben Mercedes abgeschleckt, aber keinen weiteren Schaden angerichtet. Uff!

Die Tour war überraschend kurzweilig und landschaftlich durchgehend mehr als lohnend – super fein!

Die Tour auf Garmin