Renate wagt sich an die nächste Stufe! Der Königschusswandsteig, immerhin mit D/E eingestuft, ist dran. Wir reisen mit dem E-Mini an, da die Q wegen Getriebeproblemen in der Werkstatt ist, und zittern wegen der Reichweite des E-Minis unberechtigt, denn wir schaffen es sogar noch bis nach Hause mit derselben Ladung. Aber so ist es in den Bergen oft, man macht sich Sorgen, und in der Nachbetrachtung waren sie völlig unbegründet. Sind sie aber nicht, weil man bei einer Fehlplanung ein echtes Problem bekommen kann. Also, in den Bergen und nicht mit einem leeren E-Mini auf der Bundesstraße. Alles klar?
Wir wählen den Zustieg vom Preinergscheid über den Göbl-Kühn-Steig. Damit will ich Renate Ermüdung ersparen, die sich meines Erachtens beim Zustieg über den Holzknechtsteig einstellt. Im Nachhinein bin ich nicht so ganz sicher, ob man sich etwas erspart, wenn man vom Preinergscheid zusteigt und nicht von Griesleiten aus.
Vielleicht liegt es auch daran, dass der kurze, schräge Abstieg über das Geröll Renate ein bisserl stresst. Im Aufstieg ist das Geröll aber nicht nur mühsam sondern sicherlich auch erschöpfend. Also, wird schon die richtige Wahl sein.
Wir haben das 20m lange Halbseil mit. Das kommt auch gleich bei der Einstiegswand zum Einsatz. Ich erwische den Einstieg nicht so gut und habe schon Sorge, dass ich Renate derart verschrecke. Aber die ist wohl mit sich selbst beschäftigt. Den „Stand“ beziehe ich oberhalb der paar D-Stellen und lasse nachkommen. Renate meistert diese Stellen problemlos. Das ist gut so. Denn, wer sich hier als Rookie verausgabt, hat die restliche Wand Stress.
Ich binde Renate aus dem Seil und schicke sie weiter. Die kommende Passagen bis zum „Rastplatz“ sollte sie alleine schaffen. Ich nehme mal das Seil auf und verstaue es. Das geht erstaunlich gut, wenn man bedenkt, dass man beispielsweise am Parkplatz deutlich stabiler steht als hier in der Wand. Von oben höre ich ein: „Aber viel einfacher ist das da aber auch nicht!“. Seltsam, wo ist sie denn schon?
Der Plan ist, dass wir bis zur D/E-Stelle ohne Zusatzseil gehen. Es warten ja nur C/D-Stellen und die Rampe, auf der mir beim letzten Mal die Gams entgegengekommen ist. Da läutet das Telefon und bringt gute Nachrichten: Die Q hat keinen Getriebeschaden und kann gerettet werden. Ich verweise, dass wir in der Wand hängen, trotzdem bekomme ich eine ausführliche Erklärung, wie sie gerettet wurde. Renate steigt zwischenzeitlich weiter und ruft: „Links oder rechts?“. Woher ihre Zuversicht kommt, dass ich das von 20 Meter unter ihr sagen kann? Die übliche Antwort: „Immer dem Seil nach und das Seil immer ober dir.“ hat sich abgenutzt, weswegen sie nun ein „Warte, ich komme nach!“ hört. Geduldiges Warten ist im allgemeinen nicht Renates Stärke und im speziellen nicht in unklaren Klettersituationen. „Wenn er wieder einmal nicht da ist, wenn man ihn braucht, dann mache ich halt alleine weiter!“. Derart erreicht sie die Rampe und schnauft diese tapfer hinauf.
Beim Steigbuch wird in der virtuellen Welt das Ingress-Portal eingenommen. Sehr gut! Ich vermag, wieder zurück im realen Leben, nicht die Ursache für das D/E hier zu erkennen. Wenn man sich ein bisserl umschaut, findet man links und rechts Tritte und Griffe, sodass der „überhängende Fels“ seinen Schrecken verliert. Trotzdem hängen wir uns wieder ins Zusatzseil. Bei der „Höhle“ kommt Renate nach. Sie hat nach ihrer Aussage ein bisserl gekämpft, aber alles war machbar.
Die „Höhle“ oder der Durchschlupf oder meinetwegen das Felsfenster zeigt sich von der angenehmen Seite. Selbst das Moos ist ein bisserl staubig trocken. Keine Nässe, keine Feuchtigkeit, kein Rutschen – sehr fein! „Nicht am Seil, sondern links davon. Dann sollte es machbar sein.“ und andere Tipps gebe ich noch und sogleich führe vor. Geht ja! Nach dem Felsspalt errichte ich den Stand und rufe „Nachkommen“. Da kommt sie auch schon, wieder ohne augenfällige Schwierigkeiten. Beim Seil aufnehmen und verstauen stehe ich diesmal besser. Renate kraxelt noch einmal ein C, ehe es zum Ausstieg hin immer leichter wird.
Tadellos, damit ist es geschafft! Renate ist diesmal ganz ruhig. Keine Ahnung, was sie denkt. Sie meint, dass diesmal Demut dabei war. Vielleicht ist auch Verwunderung dabei, dass trotz aller Bedenken und Überlegungen alles so fein gegangen ist. Okay, es war anstrengend, aber jetzt ist es vorbei.
Wir mischen uns unter die Menschenmassen und machen Fotos am Gipfel, ehe wir über Neue Seehütte, Göbl-Kühn-Steig und Waxriegelhaus wieder zum Preinergscheid absteigen.
Gratulation an meine Renate! Tadelloser Tag!








