Das Wetter erinnert ein bisserl an meine Kindheit, ständig regnet es im Westen. Was soll’s? Wir haben Programm. Donnerkogel und Traunstein sind bei unserem Ausflug an den Mondsee unerledigt geblieben. Wir starten, obwohl der Wetterbericht unbeständig ist.
Am Parkplatz am Ostufer des Traunsees werden wir noch ein bisserl abgezogen. 10 Euro für fünf Stunden und 25 Euro für 24 Stunden. Nach dem Zahlen lese ich das dicht bedruckte Informationsblatt der Gemeinde. Unter der Woche empfiehlt die Gemeinde das kostenlose Parken entlang der Straße. Danke für den Tipp! Hmm, das hätte man auch auf die Rückseite des Tickets drucken können.
Wir starten. Erst geht es in eher unnötigen Kehren den Wald hinauf. Der Ausgangspunkt liegt unter 500m und da es auch am Vortag geregnet hat, ist es dampfig. Das gibt so ein bisserl Tropen-Vibes. Renate zischt los, als gäbe es kein Morgen. Das Seil im Rucksack, mit dem ich Renate im Traunsee Klettersteig zusätzlich sichern will, wirkt auch nicht kühlend. So steigen wir den Hernlersteig nach oben. Schnell ist er steil geworden, sehr steil und ohne Verschnaufpause. Erst bei der Rast mit Dachsteinblick halten wir inne. Endlos Fliegen erfreuen sich meines Kühlmechanismus, der etwas hysterisch arbeitet. Zum Glück versteckt sich die Sonne, ich kühle aus. Ab jetzt geht es in Normalbetrieb weiter – sehr angenehm.
Die Felsschrofen führen steil hinauf. Renate hat sich nicht eingelesen und ist dementsprechend vom langen Zustieg überrascht. Auch, dass es so viele Seile hier gibt, wundert sie. Am Horizont im Westen regnet es heftig. Wir sind noch zweihundert Höhenmeter vom Einstieg entfernt. Zieht das Wetter vorbei? Nein, bald sieht man die Böen über den See laufen und wir haben es eilig ins Regengewand zu kommen. Das nenne ich ein Pech. Immerhin sagt das Regenradar, dass nach diesem Schauer nichts nachkommen soll. Mann oh!
Renate verliert verständlicherweise die Lust auf den mit D qualifizierten Sportklettersteig. Ich hoffe auf die trocknende Wirkung der Sonne, die aber noch nicht so recht durchschauen will. Der Schauer ist vorbei, die Felsschrofen rutschig und wir erreichen die Abzweigung vom Hernlersteig zum Traunsee Klettersteig. Das sind gerade mal 150 Höhenmeter. Der Fels ragt sehr steil auf. Der wird nicht mehr nass sein, aber dazwischen wird es wohl rutschig sein. Renate will den Hernlersteig gehen und bietet an, dass ich den schwierigeren Steig mache. Das passt mir erst nicht so recht. Warum sich da trennen? Nur, damit ich einen Steig gehen kann. Dann meint sie, das der Vorteil darin besteht, dass ich den Steig für unser nächstes Mal dann schon kenne. Okay, das überzeugt. Geschickt ist sie, meine Renate!
Renate fotografiert noch, während ich das erste Stück kraxle. Ja, das ist ein D-Steig. Viel Tritte sind in die Wand geschlagen. Im gesamten Steig muss ich nur an wenigen Stellen auf Reibung setzen. Meist sind Stahlstifte eingeschlagen. Trotzdem hat es der Steig in sich. Oft ist er ausgesetzt, manchmal drängt er ab. Psyche und Armkraft werden gefordert. Der Ausblick ist beeindruckend, manchmal steigt man auf einen Stift, unter dem viel Luft ist, ganz viel Luft.
Nach gut 20 Minuten bin ich bei der Gmundner Hütte. Renate kommt fast zeitgleich an. Der rutschige Aufstieg, das An- und Ausziehen der Regenkleidung all das hat Kraft und Zeit gekostet. Aber wir zischen noch schnell ohne Rucksäcke zum großen Kreuz am Traunstein. Ein paar Fotos werden geschossen, ehe es in der Gmundner Hütte dann etwas zu essen gibt.
Als Optionen für den Abstieg bieten sich der Naturfreundesteig und der Mairalmsteig an. Der Naturfreundesteig soll ein bisserl ausgesetzter sein. Von Klettersteigen haben wir für heute genug, auch wenn die Sonne mittlerweile lacht. Wir wählen die einfachere Variante. Aber auch der Mairalmsteig ist steil und lang. Der Traunstein hat also keinen Zustieg, der MTB-tauglich ist. So steigen wir scheinbar endlos nach unten. Mir quetscht es die mukoide Substanz, die meinen gerissenen Meniskus nicht heilen lassen will, in die benachbarten Regionen meines desolaten linken Knies. Da tröstet auch die Tatsache nicht, dass rechts die Hüfte brav ist. Renate zählt wohl auch schon die Schritte. Nein, sie will gar nicht wissen, wie weit es noch ist.
Knapp oberhalb des Sees haben wir zwei Optionen: durch die zwei Tunnel oder den landschaftlich reizvollen Miesweg. Wir widerstehen dem Reiz nicht, steigen zum See ab, spazieren ein Stück und stehen vor einem Wasserfall, der uns den Weiterweg versperrt. Nasse Schuhe oder wieder aufsteigen? Renates Antwort kommt schnell, an einen erneuten Aufstieg ist nicht zu denken. Oha, da staune ich. Die Füße bleiben dafür bei der Überquerung erstaunlich trocken. Der Miesweg kämpft wohl auch mit den heftigen Niederschlägen in diesem Jahr. Vielleicht wir finden ihn auch einfach nicht. So geht es statt geradewegs zum Auto immer wieder bergauf und dann in die nächste romantische Bucht hinunter. Aber mit Romantik hat der „letzte“ Kilometer nur noch sehr wenig oder eher gar nichts zu tun. So trottet eine von uns beiden schicksalsergeben und in Trance die Schotterstraße entlang. Wanderer, die wir überholt haben oder nach uns bei der Hütte gestartet sind, überholen uns. Der Weg durch die Tunneln war wohl kürzer.
Auch unsere heutige Tour geht irgendwann zu Ende. Wir wechseln an die andere Seeseite, wo man im Hotel Das Traunsee schon auf uns wartet. Der See ist überraschend kalt und die Fische schlafen schon auf der Seite liegend auf der Treppe. Wir stören die Fischlein kurz und fühlen uns ein bisserl erfrischt. Durch den Energieschub und weil es eh schon wurscht ist, gehen wir spät essen und stoßen mit Champagner an. Morgen ist ja ein Erholungstag eingeplant. Den brauchen wir dann auch dringend.
Tadelloser Tag!