Mit der Schafbergbahn auf den Schafberg und dort ein bisserl die Aussicht genießen. Und damit es nicht ganz so fad wird, noch eine Rundwanderung oben mit drei Seen. Das klingt doch gut. Lydia wählt die Turnschuhe, weil die neuen Bergschuhe unbequem geworden sind. Zum Glück schließt sie sich uns an und schlüpft noch am Parkplatz in die lange Berghose. Dreieinhalb Stunden und ein paar Höhenmeter brauchen keine sonderliche Vorbereitung. So denken wir. Renate reklamiert uns in die ausgebuchte Fahrt um 09:15 und so zuckeln wir in 35 Minuten auf über 1.700m.
Der angekündigte Wetterumschwung kommt ein bisserl eher daher – oha! Der Wind pfeift und wir haben schnell unsere Stirnbänder und Mützen auf. Erstmal geht es bergab Richtung Mönichsee. Lydia tippt dazwischen E-Mails. Sieht alles friedlich aus. Bald wird es abenteuerlicher. Da muss eine Felswand gemeistert werden. Aus der Ferne wirkt sie wild, aus der Nähe ist sie mit Seilen und Stufen versehen. Da bin ich aber froh, dass wir nicht vor drei Tagen als erste Tour den Schafberg gewählt haben. Denn hier im frischen Schnee – aber hallo! Wir sind sicher, dass damit die schwierigen Stellen auf diesem lieblichen Rundweg gemeistert sind. Lydia korrespondiert weiter, die Turnschuhe sind am Limit, aber auf der sicheren Seite.
Beim Mönichsee stören wir eine Eisbadende. Ich kann gar nicht glauben, dass sie da wirklich ins eiskalte Wasser will. Aber sie meint es ernst und ist auch in der Sache gänzlich spaßbefreit. Okay, wir schleichen uns. Mann oh!
Es folgt ein Anstieg Richtung Mittersee und Himmelspforte – meinetwegen. An der Scharte angekommen folgt dann auf der Schattseite ein Abstieg im Schnee. Oh, da könnte man überrascht sein. Sind wir auch ebenso wie unsere Füße schnell nass sind. Lydias Turnschuhe sind jetzt über dem Limit.
Der Mittersee wird bewundert, es geht weiter in einem stetigen Bergauf und Bergab Richtung Suissensee. Langsam wird es zäh. Ein Unterstand gefällt Mio sehr. Leider hat nur er eine Jause mit. Wer rechnet den bei so einer Tour mit Hunger? Ab jetzt sollte es irgendwo bergauf zur Himmelspforte gehen. Fasziniert suchen wir die wirklich steilen Felswände nach einem Weg ab. Nichts da, wird schon kommen. Da Umdrehen eh keine Option ist, gehen wir die Nordseite weiter. Die zu querenden Schneefelder werden steiler, sind aber zum Glück richtig weich. Da schau‘ her, nun ist es fix: die Tour ist anspruchsvoller als gedacht.
Und irgendwann geht es dann gerade nach oben. Oha! Bei trockenen Verhältnissen mag das eine steile, aber doch nette Wanderung sein. Nun ist da jede Menge nasser Schnee drinnen. Huch, das wird ja wirklich noch eine Bergtour. Wir schlagen so gut es geht Stufen in den nassen Schnee. Lydia ist nun wirklich mit dem falschen Schuhwerk unterwegs. Eine Spur ist vor uns. Aber die muss vor ein paar Tagen bei noch mehr Schnee angelegt worden sein. Wir machen eine Variante aus, die einen Grat über Geröll und Wiesen steil und direkt hinaufführt. Mich schreckt es nicht so, aber mit einem normalen Weg hat das wenig zu tun. Die Damen bleiben tapfer. Mio kennt so einen Mist ohnedies und wird auch heute nichts sagen.
Jetzt sind es nur noch 50 Höhenmeter bis zur Himmelspforte. Dort, wo die Seilversicherung herausschaut, kann man erkennen, dass die Stahlseile die ambitionierten Zahnradbahnfahrer links und rechts sichern . Aber nicht nur die in den Fels geschlagenen Stufen auch die Stahlseile sind teils weit unter dem Schnee. Aber hallo!
Von der Bergstation kommen immer wieder Wanderer und blicken ehrfürchtig durch die Himmelspforte in die Wand. Das Bild, das sich ihnen bietet, muss sie erschaudern lassen. Da ist eine junge Frau in Turnschuhen in den steilen Schneefeldern unterwegs. Gelegentlich sichert sie der Vater mit einem Stock. Einen kleinen Hund haben sie auch dabei! Der eine oder andere will einen Rettungsversuch starten, scheitert aber. Wird sich hier gleich ein Bergdrama abspielen? Drehen die eine weitere Folge von „Die Bergretter“ oder eher „Der Bergtrottel“?
Nur noch eine kurze Seillänge trennt uns vom Ziel, aber Seil haben wir eh keins dabei. Umdrehen ist eine Option, aber keiner will die Schneefelder wieder runter. Nicht einmal Mio.
Neugierige Blicke von Wanderinnen in T-Shirts und Shorts, die da oben recht fröstelnd aber zumindest in der Sonne ihren Hals über die Kante vorschieben, treffen uns da in der Nordwand unter der Himmelspforte. Mio startet durch, verirrt sich, hängt aber an der Leine. Na, wenn das nicht Stoff für eine eigene Folge dieser Bergretterserien ist!
Da schicken wir Renate los. Sie ist unerschrocken genug, um sich den Weg über das letzte Schneefeld zu bahnen. Da kommt auch schon der erlösende Ruf von oben: „Alles easy, ab da geht es gut! Ihr könnt kommen!“. Na bitte, geht ja. Unter Ohs uns Ahs erreichen wir den Ausstieg.
Auch wenn es nicht ganz so wild war wie beschrieben, zeigt es ein weiteres Mal, wie leicht man in den Bergen in Nöte kommen kann. Wenn der Schnee ein bisserl härter gewesen wäre oder wenn mehr Schnee eingeweht worden wäre, hätte es schlecht ausgesehen. Wahrscheinlich wären wir dann eher umgedreht. Vielleicht auch nicht, den keiner kann die Bedingungen hundertprozentig vorhersagen. Deswegen mein Appell an alle: seid gnädig mit den „Vollpfosten“, die in Turnschuhen mit einem Hund an der Leine plötzlich weder vor noch zurück können. „Unverantwortlich“ und „deppert“ sind die Attribute, die da schnell in den sozialen Medien verwendet werden. Also, wir waren weit von einer Notsituation entfernt. Anderseits vielleicht auch gar nicht so weit weg, wenn ein paar Grad Celsius weniger, Regen und die Angst dazukommen.
So hatten wir eine überraschend kurzweilige Rundwanderung, die letztlich mit einem ausreichenden Sicherheitspuffer ihr gutes Ende gefunden hat. Wir hatten gar noch Zeit für ein Mittagessen im Berghotel Schafbergspitze vor der gebuchten Abfahrt ins Tal.
Mitgenommen haben wir neben den intensiven Eindrücken auch die gar nicht neue Erkenntnis, dass selbst einfache Touren eine gute Planung brauchen.
Noch im Auto klingen die Eindrücke nach, wie aus der harmlosen Seenrundwanderung aufgrund des Schnees eine alpine Erfahrung geworden ist. Jepp, das war mal was!


























