Mittwoch und Donnerstag regnet es. Wenn ich schon nicht raus kann, kaufe ich mir zumindest ein neues, schönes Seil von Petzl, das allen Anforderungen genügt. Gernot und ich wollen es am Freitag ausprobieren. Das Wetter sollte sich schon am Vormittag bessern. Wishful thinking – uje!
Fürs schöne Wetter fahren wir ein bisserl später los. Zu spät darf es auch nicht sein, weil wir weder in die Dämmerung noch Dunkelheit kommen wollen. Kurz nach halbzwölf starten wir beim Griesleitenhof. Ein Auto parkt noch da, von Sonnenschein keine Spur. Im Gegenteil Nebel und feuchtes Wetter wirken wenig einladend. Wenn wir schon da sind, schleppen wir das Seil zumindest bis zum Einstieg.
Positiv ist, es regnet nicht. Kalt ist es dafür. So steigen wir mal bis zum Einstieg des Haidsteigs. Alles Nebel – man sieht die Preiner Wand nicht. Also, um die Ecke und die Wand unterhalb der Madonna entlang durch das Geröll nach oben. Steil, nicht fest und entsprechend pulstreibend geht das dahin. Im Nebel sieht man die markante Überdachung, an der wir uns orientieren könnten, nicht. Und trotzdem finden wir mit fast schlafwandlerischer Sicherheit den Einstieg des alten Königschusswandsteigs. Mystisch schaut die senkrechte Wand im Nebel aus. Das Wasser rinnt aus der Wand, und es ist irgendwie außer Zweifel, dass wir die Unternehmung durchziehen.
Okay, wir gehen mal bis zu den Sicherungen des neuen Königschusswandsteigs. Dort können wir noch immer prüfen. Es ist feucht und so entscheiden wir uns dafür, schon von unten weg am Seil zu gehen.
Die ersten Seillängen sind recht unproblematisch, einzig eine Stelle (II+) um einen Felsvorsprung braucht bei der Nässe einige Aufmerksamkeit. Beim Rastplatz im neuen Königschusswandsteig zweigt nun der Malersteig nach rechts ab. Ja, das sollte gehen! Warum nicht?
So steige ich auf den Bänder den steilen Hang querend immer höher. Bei Sonnenschein kann das keine sonderliche Herausforderung sein. Jetzt im Nebel wirkt das schon recht alpin. Okay, man sieht nicht, wie weit es nach unten geht. Nach den Querungen lande ich in einer kleinen „Schlucht“ und meine, dass ich diese rauf muss. Die roten Punkte sehe ich wieder einmal nicht. Na zack, da rauf – das wird was. Warten wir mal auf Gernot. Stand gebaut und Gernot nachgesichert. Der erkennt die roten Punkte aber schon weiter unten rechts über einen Aufschwung, die Schlucht vermeidend. Ah, das ist die erste „III-„-Stelle. Oh ha! Heute trocknet da nichts mehr ab, also beherzt hinauf. Zum Glück ist schon bald eine Zwischensicherung vorhanden. Geschafft! Nein, da kann man nicht klagen.
Danach geht es wieder in erträglicher Form rechts aufsteigend weiter, ehe irgendwann eine gerade nach oben führende Rinne erreicht ist. Diese hinauf führt eine recht schöne Kraxelei. Das neon-farbene Seil durchschneidet den Nebel. Eine ganz eigene Stimmung ist das hier. Trotzdem oder gerade deswegen wird es mir plötzlich mulmig. Der Nebel verdichtet sich und das Tageslicht nimmt ab. Nein, es ist erst drei Uhr! Aber oberhalb der nächsten Felsstufe schaut der erste Schnee vor. Nein, das brauche ich jetzt echt nicht. Die Schlüsselstelle wartet noch. Bei Schnee habe ich da gar keine Lust drauf.
Aber was soll man schon machen! Also, weiter. Wir erreichen das Steigbuch und für hier ist auch schon die Schlüsselstelle angekündigt. Der Nebel verhüllt allerdings die Ausgesetztheit und so verliert diese Stelle etwas den Schrecken. Vor der Kante gibt es einen Haken und knapp danach ebenfalls. Griffe und Tritte sind ausreichend vorhanden. So ist es eher die psychologische als die technische Schlüsselstelle. Meine Gelassenheit reicht für Fotos. Das kann also nicht so schlimm gewesen sein.
Danach steige ich über unangenehme Felsschrofen nach recht querend. Platz für meine Sicherungen finde ich nicht. Dafür sehe ich die Sicherungsanker und das Seil des Haidsteigs rechts oberhalb von mir. Na, besser geht es ja nicht! Erstens kenne ich damit unseren Notausstieg im Schlaf, anderseits kann ich dort ganz bequem sichern. Gernot kommt nach. Leider ziehe ich zu fest am Seil. So muss der arme Kerl unter Zug über die rutschigen Schrofen. Den Fehler wollen wir dann das nächste Mal vermeiden.
Diesmal ist es Gernot, der die Tour wie geplant vollenden will. Ich komme gar nicht zu meinem Vorschlag, dem Haidsteig aufs Plateau zu folgen. Auch recht. Gernot sieht die roten Punkte und steigt ein Stück vor. Ich muss vom Haidsteig wieder ein Stück runter. Der erste Schnee unter den Sohlen ist ein bisserl komisch und der Sommer mal fürs Erste endgültig abgesagt.
Bei der nächsten Sicherung löse ich Gernot wieder ab. DEr Rest sehr einfach und bald stehe ich beim Ausstieg des Malersteigs und des Haidsteigs. Gernot folgt mühelos. Yeah, damit haben wir bei diesen doch alpinen Bedingungen diesen schönen Steig durch die Preinerwand geschafft. Jubel ist angesagt!
Am Ausstieg des Haidsteigs liegt das Schneefeld jungfräulich. Da war heute wohl niemand. Der Ordnung halber steigen wir noch zum Preinerwandkreuz. Ein Besuch am Waxriegelhaus geht sich heute nicht mehr aus. Der Holzknechtsteig gibt sich von seiner entbehrlichen Seite, aber muss halt sein.
Nach der extrem kurzweiligen Tour sind wir nach sechs Stunden wieder beim Auto und erstaunlich fertig. Zumindest mir hat die Tour mal zugesetzt. So hatte ich vermutlich, das erste Mal einen höheren Durchschnittspuls und einen höheren Kalorienverbrauch als Gernot.
Wie auch immer, eine tolle Tour unter beeindruckenden Bedingungen liegt hinter uns. Noch nicht einmal daheim denken wir im Auto schon an die nächste Tour.