Meinem Schwesterherz Karin sei Dank, dass ich wieder einmal in die Berge komme. Karin besucht Ulli. Ulli hat sich gegenüber den Vorwochen etwas erholt. Trotzdem ist es mir mehr als recht, wenn sie nicht alleine daheim ist. Karin spielt sogar mit, als Gernot und ich unsere Tour am Vortag wegen des Wetterberichts abgesagt haben. Und so kommt Karin also am Feiertag auf Besuch und ich bin früh weg, sodass ich am Nachmittag wieder daheim bin.
Die Bedingungen sind teils ungewöhnlich: Also,
- Damit ich rasch wieder daheim bin, bleiben die Wiener Hausberge.
- Es hat geschneit und es ist kalt mit starker Erwärmung im Tagesverlauf.
- Die Seehütte hat Saisonende und da will ich auch hin.
- Der Feiertag lässt mich vermuten, dass ich in Griesleiten Parkplatz suchen muss und den Haidsteig hinauf eine bunte Perlenkette aufgefädelt ist.
Hmm, ich nehme die schweren Schuhe, Gamaschen aber auch das Kletterzeug mit. Sollte am Parkplatz ein Gerangel sein, dann gehe ich sicher nur wandern. Was für ein Plan!
Am Parkplatz stehen genau zwei Autos, eines davon ein Passat, der offensichtlich als Übernachtungsstätte gedient hat. Dann könnte ich nochmal die Klettersteige gehen. So war der Plan, so wird er auch umgeworfen und ich mache mich ohne Kletterausrüstung auf den Weg zum Waxriegelhaus.
Der Weg von Griesleiten zum Waxriegelhaus heißt Bachleitenweg, Irgendwo am Weg tauchen die Schilder auf, die ich gar nicht mag: „Sperrgebiet – Forstarbeiten!“. Bald sperren zusätzlich Bänder den Weg. Hofft da jemand ernsthaft, dass Wanderer einfach wieder umdrehen? Ich bin wachsam und halte Ausschau, am Feiertag wird doch da keiner arbeiten. Aber bald höre ich die Motorsäge und Bäume kullern durch den Wald. Mag ich gar nicht! Alarmstimmung macht sich breit! Seitdem so ein Baumstamm aufgehängt in großer Höhe talwärts auf mich zugerast ist, bin ich wachsam wie Cookie! Ah, ein Seil, das nach oben führt. Aber wo ist das Seil nach unten? Kann ich über das nach oben führende und knapp über dem Boden schwebende Seil steigen? Wenn das plötzlich anspannt, bin ich an empfindlicher Stelle zweigeteilt. Risiko genommen und drüber und – ah – da ist auch schon das Seil für den Abtransport. Vorsichtiger Blick nach oben. Sieht gut aus und rüber in den dichten Wald. Gar nicht so ungefährlich hier!
Weiter geht’s am Waxriegelhaus vorbei auf den Waxriegelsteig. Der Nebel fällt in riesigen Mengen von der Steiermark in Niederösterreich ein. Das sieht toll aus. Hätte ich nur Zeit für Zeitrafferaufnahmen! Es gelingen aber auch so tolle Aufnahmen. Vor allem am Predigtstuhl schaut aus dem Wolkenmeer nur in weiter Ferne das Stuhleck heraus.
Das Plateau hat weit weniger Schnee, als von mir vermutet. So komme ich schnell zum Trinksteinsattel. Im Abstieg zur Seehütte umkreist mich der Polizei-Hubschrauber. Was will der da? Dann landet er noch extra dort, wo Pulverschnee liegt. Im aufgewirbelten Schnee sieht man den Hubschrauber kaum. Ich kenne mich nicht aus!
Der Hüttenwirt klärt mich auf. Die Polizei hat nachgefragt, ob die jungen Piloten Landungen im Schnee üben können. Mich hat wieder einmal keiner gefragt! Nach Hirschbraten und Herbststrudel verabschiede ich mich für diese Wandersaison. Franz lädt mich noch ein, im Winter am Wochenende mit den Skiern vorbeizuschauen – oha!
Runter geht’s den Holzknechsteig. Langsam gewöhne ich mich an diese fragliche Genusstour. Königschusswandsteig und Haidsteig sind trocken und wenig bevölkert – da schau‘ her! Wieder im Wald spüre ich die starke Tageserwärmung, feuchter Schnee fällt von den Bäumen, sodass ich rasch durchnässt bin. Am Parkplatz herrscht mittlerweile Gedränge! Ah, die arbeitende Bevölkerung ruht am Feiertag gerne ein bisserl aus. Mir soll es recht sein, ich bin am Heimweg!