Eine lange und einsame Kardio-Tour auf den Schneeberg habe ich mir ausgesucht. Vom Höllental auf den Schneeberg und dann in einer Runde wieder zurück an den Start.
Gernot ist im Einsatz und so bin ich alleine unterwegs. Ulli geht es auch nicht sonderlich gut. Da habe ich mir zur Ablenkung etwas ausgesucht, das mir irgendwann die Gedanken aus dem Kopf vertreiben wird.
Ich parke am kleinen Parkplatz am Eingang des Stadelwandgrabens. Hier war ich in diesem Jahrtausend noch nicht. Mit dem Vater war ich mal hier. Wir wollten den Stalwandgrat klettern, das Wetter war damals schlecht und der nasse Fels hat nicht viel zugelassen. Da sind wir wieder umgedreht. Ich kann mich gut erinnern, wie damals auf dem rutschigen Fels die Angst eingezogen ist.
Heute passen die Verhältnisse. Im Graben versteige ich mich einzig einmal. Der Weg ist hier nicht markiert. Ständig verlocken Steige zu den Kletterrouten, aber man muss in Aufstiegsrichtung stets rechts bleiben. Dann sollte es passen.
Der Aufstieg ist fürs Training super. Es geht ständig und auch stetig bergauf. Ich überhole jemand von den Wiener Forstbetrieben. Er ist „Bam schneiden“. Erst im Abstieg verstehe ich, dass er den Weg ausschneidet. So habe ich im Aufstieg also als letzter mit querliegenden Bäumen gerauft. Im Abstieg bin ich sicherlich als erster in den Genuss der freien Bahn gekommen.
Der Aufstieg ist soweit unspektakulär wie anstrengend. Unter dem Klosterwappen höre ich schon von weitem eine Schulklasse. „Hopp, hopp! Hopp auf! Endspurt, Herr Professor!“ kreischt es immer wieder. Das Professoren-Leben kann auch Schattenseiten haben. Na, zumindest sind die Schüler wohlerzogen und werfen keine Steine von oben nach ihm.
Oben ist es im durchschwitzten Zustand kalt, der Wind bläst, ich finishe zur Fischerhütte, wo mich der Hüttenwirt wieder an den Personal/Stammtisch setzt. Er erzählt abenteuerliche Geschichten, die mich fassungslos lassen. Anlass ist die Tür, die im Winter oft nicht richtig verschlossen wird, infolge zufriert und sich dann nicht mehr öffnen lässt. Ein Winterraum, zu dem die festgefrorene Tür nur einen Spalt offen ist, ist der Horror für jeden in Bergnot!
Während ich noch Verständnis habe, dass der eine oder andere Gast vergisst, die Tür richtig fest zu schließen und ich eher eine ordentliche Türe einbauen würde, habe ich für die anderen Geschichten gar kein Verständnis, so sie denn so stimmen: Der Feuerlöscher wurde ihm schon leer geschossen, das Kabel fürs Nottelefon herausgerissen. Die Decken des Winterraums findet er planmäßig im Frühjahr, wenn er die Terrasse abschaufelt. Schlaumeier sind mit Steigeisen am Dach herumspaziert, was dem Blechdach einen Totalschaden zufügt. Regelmäßig findet er auch Skispuren am Dach. Auf die Tourengeher ist er jedenfalls nicht so gut zu sprechen. Er möchte, dass der ÖTK den Winterraum von der Hütte getrennt neu aufbaut. Wenn der dann abbrennt, ist es schade, aber es bleibt zumindest die Hütte stehen.
Mag sein, dass sich der Feuerlöscher selbst entleert hat. Bei den Kabeln wird eine entschuldigende Erklärung schon schwieriger. Die zweckentfremdeten Decken nicht mehr zurückzutragen, ist schon recht krass. Steigeisen am Blechdach.. Okay, ich höre besser auf, ehe ich mich in hysterische Empörung versteige. Schade und verstörend jedenfalls!
Nach dem vorzüglichen Essen nehme ich noch den Kaiserstein mit. Im „wilden Abstieg“ komme ich an der Gedenktafel von Clemens J. vorbei. Das Internet beschreibt ihn als Ausnahmealpinisten, der bei einer seiner vielen Trainingsrunden auf seinem Hausberg hier 2014 vermisst wurde und nach zwei Tagen nur noch tot gefunden werden konnte. Die Tafel stimmt nachdenklich.
Oberhalb der Kienthaler-Hütte treffe ich auf eine weitere Schulklasse. Kein bisschen leiser und offensichtlich am Weg zur Hütte veranlasst mich die Klasse zu einer Planänderung. Den kurzen Klettersteig auf den Turmstein neben der Hütte hätte ich noch mitgenommen, lasse ich aber aus und zweige gleich auf den Südlichen Grafensteig ab. Noch lange höre ich die lärmende Bande und überlege mir, dass der junge Herr Professor seine Vorbereitung nicht so ganz tadellos absolviert hat. Denn, was machen die jungen Leute bei der Hütte? Beide Abstiege ins Höllental sind wegen Forstarbeiten bis 27.6. gesperrt. Deswegen gehe ich ja den Umweg über den Grafensteig. Da die Kids nicht wieder aufsteigen werden wollen, müssen sie durch das Forstsperrgebiet. Da kann man durch. Wenn gearbeitet wird, ist es aber gruselig. Mit einer Schulklasse mag ich da nicht durch.
Auch der Grafensteig geht mit seinem Bergauf-bergab irgendwann vorbei und ich treffe wieder auf den Stadelwandgraben, den ich auch gleich runterrausche. Beine noch in die Schwarza gehalten und ab auf den Heimweg. Auch wenn der Höhenmesser wegen der hohen Temperaturen weniger Höhenmeter anzeigt, werden es 1.800 Höhenmeter gewesen sein. Genug jedenfalls, um berechtigt müde sein zu dürfen.
Details der Tour auf garmin.com