Ein „neuer“ Klettersteig auf der Hohen Wand. Was soll da schon sein? Der Gebirgsvereinssteig erwischt mich am falschen Fuß und macht mir weit mehr Freude als vermutet!
Heute haben wir unseren Hochzeitstag, da will ich klarerweise nicht völlig geschlaucht erst am späten Nachmittag heimkommen. Also, wir wäre es mit einer schnellen Runde am wieder eröffneten HTL-Steig (heißt jetzt ÖTK-Steig). Aber hallo, da gibt es seit fünf Jahren einen C/D-Steig auf der Hohen Wand und ich kenne den nicht.
Anmerkung vom nächsten Tag (5.6.): Der Steig ist mit der Schwierigkeit D eingestuft. Das passt besser zu meiner Einschätzung und erklärt meine Überraschung.
Die Idee, mit dem Motorrad anzureisen, lasse ich mal sein. Im Nachhinein betrachtet war das besser so. Aber der Reihe nach. Um kurz nach neun starte ich beim Seiser Toni. Den zu finden, ist wahrlich keine Kunst. Das letzte Mal, als ich da war, gab es noch keine Smartphones mit Navi. Da hat sich also etwas zum Positiven in den letzen knapp 15 Jahren entwickelt. Ebenso leicht ist der Einstieg zum Steig gefunden. Die Bergfex-App kennt sich aus!
Beim Einstieg schwitze ich ein bisserl sehr, weil ich schneller unterwegs war, als es die Temperatur zugelassen hätte. Klettersteigset (mit Gurt!), Helm und die neuen Handschuhe lege ich an. Der Steig beginnt angenehm einfach. Dafür hätte ich die Ausrüstung nicht gebraucht. Aber schon bald geht es zünftiger, luftiger und immer steiler in die Höhe. Damit hätte ich nicht gerechnet und umso begeisterter bin ich. Nur die Kletterhandschuhe sind unbrauchbar. Die rutschen ja und ich stecke sie wieder ein. Keine Liebe auf den ersten Blick.
Gut, die künstlich aufgespannte Hängebrücke hätten sie meinetwegen sein lassen können. Ein paar Meter über Grund wackelt man in schwer gebückter Haltung mit einer Hand am Drahtseil über den „Abgrund“. Wahrscheinlich ist das ein Tribut an die Jugend.
Die folgende Hängeleiter ist auch irgendwie schräg, also eigentlich fast senkrecht. Sie ist halt „anders“ angebracht – siehe Fotos – und führt direkt ins Blaue.
Irgendwann meine ich, dass ich das Ende erreicht habe. Das Steigbuch lädt zum Eintrag ein, aber siehe da, es geht noch weiter. Wieder folgt eine Querung und eine schöne Kletterei mit viel Luft unter einem und dafür tollem Ausblick. So nieder die Hohe Wand ist, so sehr gibt sie sich Mühe zu beeindrucken und das gelingt ihr.
Aber dann hab‘ ich’s geschafft und ich wandere übers Plateau zur Großen Kanzel und steige über das Zahme Pechersteiglein wieder ab. Dieses Steiglein bin ich schon einmal gegangen. Da war ich mit Lydia und Paul am Abstieg, nachdem wir den Wagnersteig gemeistert hatten. Im Oktober 2004 war Nebel und wir waren nicht sicher, ob wir wieder zum Auto finden würden. Und dort warteten doch die Stofftiere auf uns! Wie gesagt, mittlerweile ist das mit so einem Smartphone, solange der Akku hält, kein Problem. Ein paar Jahre noch und es wird heißen: „Früher musste man das Handy jeden Tag aufladen? Echt jetzt? So ein Sch..“
Für heute reicht’s, denn ich habe einen schönen C/D-Steig in mein Repertoire aufgenommen.