28. Skitour: Arthurhaus – Hochkönig (2.941m)

Noch früher aus den Federn und noch höher hinauf. So wird eine Frühjahrstour zum Erfolg, auch wenn ich danach fix und fertig bin.

Ulli ist erkältet und Gernot nicht verfügbar. Da überlege ich lange, ob ich mich alleine auf den Weg machen soll. Ein bisserl komisch ist es ja schon, dass ich die Q fast 800km durch die Landschaft schiebe, um einen Berg besteigen zu können. Am Vortag fahre ich los und übernachte im Gasthof Tirolerwirt in Bischofshofen. Feinstes Essen und ein ruhiges Zimmer sind ideale Vorbereitungen für den nächsten Tag. In ganz Mühlbach war kein Hotelier bereit, mich außerhalb der Saison für eine Nacht zu beherbergen. So bin ich zu diesem Aufenthalt gekommen.

Am nächsten Morgen bin ich um 6 Uhr am Parkplatz des Arthurhauses, drei Autos parken schon da, es wird gerade hell. Der Schnee ist angenehm hart und ich starte Richtung Mitterfeldalm. Ein paar Mal fehlt der Schnee, vor allem im letzten steilen Anstieg vor der Alm. Nach der Alm folgt die Querung der steilen nordostseitigen Hänge. Hier ist nicht zu übersehen, was die kräftige Aprilsonne am Nachmittag anstellen kann. Endlos quert man Lawinenkegel. Aber ich bin früh unterwegs und außerdem ist das meiste schon herunten.

Weiter geht es ins Ochsenkar. Die Sonne lacht wie angekündigt uneingeschränkt und ich steige höher. Meine Vorgänger sehe ich weit vor mir, die sind schnell unterwegs! Ich sehe, wie einer der Vorgänger die nächste Steilstufe umgeht. Das erscheint mir aber unnötig steil und trügerische Hoffnung sagt mir, dass ich mir diese Spitzkehrerei links ersparen kann. Ich gehe einer Spur links in der Gewissheit nach, dass es hier nicht so steil ist. Weit gefehlt, dieser Spurenzieher hat auch erkannt, dass es links herum nicht gut geht, der Sommerweg direkt durch die Felsen führt, und so hat er sich dann irgendwie entschieden, die Steilstufe direkt zu nehmen. Das tue ich letztlich und nicht ganz freiwillig auch. Es wird eng zwischen den Felsen und die Sonne brennt schon kräftig her. Mangels technischer Skills bei den Spitzkehren in dieser Steilheit und diesem weichen Schnee schnalle ich ab – kein Ruhmesblatt! Nun geht es also weiter, indem ich die Skier vor mir mit ausgestreckten Armen quer zum Hang in den weichen Schnee ramme und mich daran hochziehe, sodass ich die Beine aus dem bald hüfttiefen Sulz bekomme. Fitnesscenter pur und klug erscheint es mir auch nicht. Aber der Berg verzeiht viel und ich komme mit einer kleinen Abmahnung in Höhe von zehn Minuten Maximalpuls durch – uff, nicht empfehlenswert!

Weiter geht es Richtung Matrashaus über die übergossene Alm. Der Schnee ist mittlerweile kein bisschen aufgetaut. An den schattigen Stellen sogar richtig hart. Am Gipfelhang ist das Ziel in greifbarer Nähe und leider auch mein Ende. Etwas ungewöhnlich aber faktisch ist, dass ich nicht mehr recht weiterkomme. Alle 20 Meter hänge ich über den Stöcken und keuche. Am Alter kann es nicht liegen, denn vor einer halben Stunde hat mich ein um ein paar Jahre älterer Tourengeher überholt und der ist schon oben. Na ja, irgendwann habe ich es dann doch auf den Gipfel geschafft. Es ist auf knapp 3.000m recht kalt. Ich fotografiere das neue Gipfelkreuz und das Matrashaus. Während einer kurzen Stärkung beobachte ich zwei Tourengeher, die sich gerade den Gipfelhang heraufquälen. Genugtuung ist angesagt, denn der erste ist deutlich jünger als ich 😉

Die Abfahrt ist bis auf 2.200m hinunter fein. Liegt es daran, dass ich die Skier gewachselt habe oder am Schnee. Vermutlich beides. Ich genieße den Firn und die Tatsache, dass diese Form von Abstieg kein bisschen anstrengend ist. Dort, wo ich mich auf den steilen Grat im Anstieg verstiegen habe, sehe ich einen nachkommenden Tourengeher herauftaumeln. Er hat gerade denselben Mist wohl hinter sich. Mein Grüße erwidert er nur recht gedämpft. Vielleicht ist er auch aus Bequemlichkeit einer falschen Spur gefolgt und wurde mit zehn oder mittlerweile 15 Minuten Maximalpuls abgemahnt 😉

Ab 2.200m wird der Schnee immer weicher und sulzig. Zu meiner Verwunderung finde ich einen Skistock. Wer lässt seinen Skistock hier liegen? Viel Erklärungen fallen mir nicht ein. Am ehesten noch, dass den jemand ihn in einem Schneebrett verloren hat und der Stock nun rausgeapert ist. Das erinnert mich an meinen Ski auf der Veitsch, den muss ich auch noch holen. Seltsam jedenfalls!

Mittlerweile ich es nicht mehr nur warm, es ist „heiß“ geworden. Der Sulz wird zwar in den schattigen Stellen gar wieder hart, aber dort, wo die Sonne hinknallt, ist er stumpf und kaum fahrbar. Ich schwitze, der Schweiß brennt in den Augen und tropft aus dem Helm. Nun stehen noch die Lawinenkegel am Programm. Heute erscheint mir das alles als sicher. Erstens ist das meiste schon herunten und zweitens ist  trocken und der Vormittag war etwas windig. D.h., der Schnee ist nicht ganz katastrophal durchnässt. Von Genuss ist er aber auch meilenweit entfernt.

Wieder ist der Felsblock, die kleine Geißnase, zu „umklettern“. Zwei Seile sind gespannt, eines in einem Meter Höhe für die Sommergäste und eines deutlich höher für die Wintergäste. Nun ist im Laufe des Tages aber ein Teil der Schneebrücke weggebrochen. Damit sieht die Querung abenteuerlich aus – ist sie aber nicht (siehe Foto unten). Ich felle danach wieder an und steige zur Mitterfeldalm auf. Eigentlich wäre das ohne Felle auch gegangen, denn der Schnee klebt schon selbst genug. Auf der Mitterfeldalm ziehe ich die triefend nassen Felle ab und raste kurz.

Die Abfahrt zum Arthurhaus wird mehr zum Abstieg. Die Sonne hat ganze Arbeit geleistet. Anderseits muss der Schnee ja schnell weg, denn im Mai rücken schon die ersten Sommerfrischler an.

Am Parkplatz plaudere ich noch mit einem anderen Tourengeher. Er war viel schneller als ich unterwegs. Gut, es ist seine 60. Skitour in dieser Saison. Respekt, ich staune. Er rechtfertigt sich damit, dass er ja schon in Pension sei. Nun schweige ich besser. 😉

Lawinenlagebericht
Details via Garmin